Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Gemeinde Reken zur Verabschiedung des Haushalts 2020 durch den Fraktionsvorsitzenden Hermann Dreischenkemper.
– es gilt das gesprochene Wort –
„Es geht um neue Bewusstseinsbildung. Nicht das man aus Ressentiment, aus aufgestauter Notsituation, nämlich der Ausgangslage klassischer Revolutionen sich ändern muss. Wir müssen ja in Wohlstandssituationen revolutionieren. Das ist etwas völlig historisch Neues. Es ist ein unerhört wichtiger Gesichtspunkt, dass wir das Bewusstsein unserer Mitbürger darauf aufmerksam machen müssen, das sie es sich nicht erlauben können, gleichsam asozial, egoistisch in einem Stil zu wirtschaften, der nicht mehr verantwortbar ist und der von der Voraussicht her zu Katastrophen führt, die wir ununterbrochen miterleben müssen.“ – Zitat aus dem Buch „Die Unwirtlichkeit der Städte“ von Alexander Mitscherlich“
Sehr geehrter Herr Deitert,
Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
Sehr geehrte Gäste,
liebe Ratsmitglieder,
dieser Appel, nicht erst abzuwarten, bis eine Revoltion zum Umdenken und Handeln zwingt, ist sehr weitreichend für viele Politikfelder. Unsere Gegenwart fordert drastische Veränderungen, denken wir dabei an das Klima, an die digitale Welt, an die soziale Ungerechtigkeit in der Welt, an den sich verbreitenden Populismus und vieles,vieles mehr.
Wir müssen nachhaltig gestalten und nicht nur die Gegenwart in den Vordergrund stellen.Wir werden unsere Art zu leben und zu wirtschaften, neu überdenken und organisieren müssen. Machen wir damit in Reken verstärkt weiter! Wir Grünen wollen unseren nachfolgenden Generationen ein gut bestelltes Haus hinterlassen.
Welche Stellung hat die Kommunalpolitik in unserer Demokratie? In der Kommunalpolitik geht es kurz gesagt darum, das der deutsche Staat nicht nur im Großen und Ganzen, sondern auch im Kleinen läuft.Trotzdem bleibt nach wie vor ein zentrales Problem bei den Kommunen, dass das Konnexitätsprinzip nach wie vor nicht konsequent umgesetzt wird. CDU/SPD in Berlin und CDU/FDP in Düsseldorf verfahren weiterhin nach der Methode: Wir beschließen das Notwendige, z. B. überfällige soziale Reformen, beauftragen aber mit der Durchführung die Kommunen, ohne uns allerdings die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Das derzeit angewandte Konnexitätsprinzip ist löchrig wie der Schweizer Käse.
Dieses beschädigt die Wurzeln unserer Demokratie, das feine Geflecht der kommunalen Selbstveranwortung. Ein derartiges Verhalten gefährdet die Gestaltungsspielräume der Kommunen auf Notwendigkeiten und Probleme in den Gemeinden gezielt reagieren zu können. Wir fordern die strikte Umsetzung und Einhaltung des Konnexitätsprinzip.
Bürgerbeteiligung:
Wir werden uns dafür einsetzen unsere Gemeinde handlungsfähig und lebendig zu erhalten. Wir werden zeigen und zum Ausdruck bringen: Ja, in unserer Gemeinde Reken ist Platz für Menschen mit Ideen, mit Lust am Gestalten, und wer nach Reken komm und hier leben und arbeiten möchte, ist hier gerne gesehen, egal woher er/sie kommt, an wen er glaubt und wie er aussieht. Es geht uns nicht darum den Parteien noch mehr Raum zurDiskussion zu geben, sondern den Bürgerinnen und Bürgern wirkliche Beteiligungsformen anzubieten. Sie ernst zu nehmen mit ihren Anliegen.
Die Bürgerinnen und Bürger müssen das Gefühl haben: Ich werde gesehen. Meine Meinung ist gefragt!! Das betrifft insbesondere auch die Beteiligung unserer Jugendlichen an der Politik , sowie die Einbeziehung unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Migration:
Die Grünen werden weiterhin für eine(n) Migrationsbeauftragte(n) kämpfen
medizinische Versorgung:
Wir Grüne wollen die ärztliche Versorgung für alle Rekener Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Wir werden weiterhin die Ansiedlung von Fachärzten unterstützen.
Schulen:
Im Zusammenhang mit der laufenden Schulunterhaltung möchten wir deutlich sagen, dass die Diskussionen über die Folgen der Veränderungen unserer Schullandschaft, neue Schulformen und Schwankungen der jeweiligen Anmeldungszahlen aus unserer Sicht eher kontraproduktiv erscheinen. Wir müssen uns weiter darauf konzentrieren Erlebnisräume zu schaffen, in denen es Spaß macht zu lernen und zu arbeiten. Es wird in diesem Zusammenhang immer der berühmte Elternwille beschworen, das ist sicherlich richtig, aber Eltern wollen vor allen Dingen auch Schulen, zu denen ihre Kinder gerne gehen.
Wohnungen/sozial Wohnungen:
Die Grünen Reken sehen in unserer Gemeinde einen dringenden Handlungsbedarf bei der Schaffung von Sozialwohnungen. Erforderlich hierfür zunächst die notwendigen Baugrundstücke müssen ausgewiesen werden. Wir werden keine weiteren Ausweisung von Bauflächen zustimmen, wenn nicht wenigstens 10 % der Grundstücke für den sozialen Wohnraum ausgewiesen werden.
Tierschutz:
Hier haben wir während der Haushaltsberatungen einen Bericht des zuständigen Tierheimes Lette beantragt. Die CDU und die UWG sahen keinen Bedarf. Dabei ist der Umgang mit den Fundtieren und Tierschutz überhaupt aucheine Aufgabe der Bewahrung der Schöpfung. Aber Tiere sind keine Wähler. Stehen aber trotzdem unter unseremSchutz. Unsere Fraktion sieht sich somit aufgefordert den Tieren und dem Tierschutz weiterhin eine starke Stimme zu geben.
Baumschutzsatzung/erneuerbare Energie:
In der HFA Sitzung zum Haushalt wurde aus der CDU Fraktion auf die
Vielzahl der gefallenen Bäume in Reken für die Solaranlagen hingewiesen. Weiter kamen aus der CDU Befürchtungen, dass noch „viele Bäume“ für Solaranlagen fallen werden! In diesem Zusammenhang hat die CDU nicht bedacht wieviele Bäume in diesem Jahr in Reken wegen der Folgen des Klimawandels gefallen sind und zukünftig noch fallen werden. Gerne nehmen wir diese Bedenken auf und werden einen Schutz unserer Bäume beantragen. Denn auch der Baumschutz dient dem Klima- und Artenschutz. Bisher standen immer die Kosten für den Klimaschutz und erneuerbare Energie im Vordergrund. Sehr sehr wenig wurde und wird von den immensen Summen berichtet die zweifelsfrei anfallen werden, wenn wir unter den Schäden der Katastrophen leiden werden.Die Grünen Reken unterstützen den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Insbesondere den Ausbau von Windkraft.
Demokratie:
Nach gerade einmal 70 Jahren demokratischer Kultur in unserem Land ist es wieder möglich die Verbrechen der Nazizeit als „Vogelschiss“ zu benennen. Populismus und Demagogie sind wieder Tür und Tor geöffnet. Alle Demokraten sind aufgefordert Stellung zu beziehen und sich vehement für unsere Demokratie einzusetzen. Wir bedanken uns hier ausdrücklich bei dem Verfasser Herrn Ulrich Hengemühle und dem Herausgeber Heimatverein Reken für das Buch „Reken von 1900 bis 1945“. Das herausragende an diesem Buch: es beantwortet viele Fragen, gleichzeitig stellen sich viele Fragen.
Jeder sollte sich mit diesem Thema beschäftigen, es erscheint zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ich zitiere aus diesem Buch mit Genehmigung von Herrn Hengemühle, Seite 95, 8.4 Und heute: „…Die Grenzen des Sagbaren werden immer weiter verschoben. Begriffe aus dem öffentlichen Diskurs werden umgedeutet und für die eigene verzerrte Realitätssicht instrumentalisiert: Nachdem ein „Klimawandel“ geleugnet wird, macht Björn Höcke einen „gesellschaftlichen Klimawandel“ aus und versucht damit, Deutungshoheit zu erlangen. Ob dann Obdachlose, Behinderte, Türken oder Flüchtlinge zur Zielgruppe werden – immer sind es die Wehrlosen. „Die“ kriegen alles. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
Jeglicher Respekt wird „anderen“ versagt, gilt nur noch für die eigene Klientel.“ Zitat Ende Bei allem inhaltlichen Dissens zwischen den Fraktionen in Detailfragen, der Rat muss klar Position beziehen: Reken, gemeinsam gegen rechts!!
Demokratie lebt davon, unterschiedliche Ansätze und Problemlösungen zu entwickeln. Dazu gehört auch, dass politische Parteien im Rat streiten müssen. Wenn nicht hier, wo dann?
Wir bedanken uns bei dem Kämmerer für die Ausarbeitung des Haushaltes und bei allen Mitarbeitern der Verwaltung für die Mitarbeit in unserer Gemeinde. Dieser Dank geht auch an jeden einzelnen ehrenamtlich Tätigen, ohne euch wird dieses Gemeinwesen nicht funktionieren! Danke!!
Allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 2020. In diesem Jahr wurden wie genannt für uns Grüne viele rote Linien überschritten. Wir werden diesem Haushalt nicht zustimmen Ich möchte meine Rede mit einer kleinen Geschichte beenden.
Aus dem Buch: Die fabelhaften Heldentaten des weisen Narren Mulla Nasrudinvon Idries Shah Der pedantische Schulmeister Manchmal nahm Nasrudin in seinem Boot Leute auf kleine Ausflüge mit. Eines Tages ließ ein pedantischer Schulmeister sich von ihm über den sehr breiten Fluss setzen. Kaum waren sie an Bord, da fragte der Schulmeister, ob die Überfahrt stürmisch sein werde. „Frage mich nicht so welches“, sagte Nasrudin. „Hast du nie Grammatik gelernt?“ „Nein“ sagte der Mulla. „Dann hast du Hälfte deines Lebens vergeudet.“ Der Mulla schwieg. Dann kam ein schwerer Sturm auf. Die närrische Nussschale des Mulla füllte sich mit Wasser. Er beugte sich zu seinem Fahrgast vor:“ Hast du je schwimmen gelernt?“ „Nein“. sagte der Pedant. „Dann, Schulmeister, ist dein ganzes Leben verloren, denn wir sinken.“
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit